Neben den vielen kleineren Projekten in der ganzen Welt, die wir beratend begleiten, hat das Kuratorium Tuberkulose in der Welt über die letzten Jahre geholfen, viele Laboratorien aufzubauen, so z.B. auch im Togo und in Mozambique.
Die im Folgenden vorgestellten Projekte stellen derzeit die Kernarbeit des Kuratoriums dar. Dabei bieten wir Supervision und regelmäßige Qualitätskontrollen und natürlich Schulung als Hilfe zur Selbsthilfe.
Das Kuratorium Tuberkulose in der Welt e.V. unterstützt seit über 30 Jahren erfolgreich Projekte zur Bekämpfung der Tuberkulose in Entwicklungsländern. Bolivien war das Land, in dem alles begann. Der gemeinnützige Gautinger Verein wurde 1979 gegründet. Seitdem leisten wir gezielt Hilfe zur Selbsthilfe im Kampf gegen Tuberkulose. Unsere ehrenamtlichen Mitglieder sind vorwiegend Ärzte und Laborexperten. Mit viel Motivation, Erfahrung und Fachkenntnis arbeiten wir Hand in Hand mit lokalen und internationalen Organisationen, um die Ärmsten der Armen von Tuberkulose zu heilen und vor der Seuche zu schützen.
Mein Flug von Frankfurt am Main nach Santa Cruz de la Sierra (SCZ) in Bolivien war für den 24. Oktober 2019 geplant. Am Abend vor meiner Abreise rief mich aus SCZ unsere Reprä-sentantin Frau I. Patiño an. Sie berichtete von Protesten und Straßensperren im Land und riet mir, ein Taxi zu ihr nach Hause zu nehmen, weil sie mich nicht abholen könne.
Da das Auswärtige Amt nicht vor Reisen nach Bolivien gewarnt hatte, fuhr ich wie geplant ab, zumal die Mitarbeiterinnen des Kuratoriums Tuberkulose in der Welt e. V. (KTW) alles hervorragend vorbereitet hatten und die dringend benötigten Labormaterialien bereits in meinem Koffer und Rucksack verstaut waren.
Probleme bereiteten weder der deutsche Zoll in Frankfurt noch die Zollabfertigung in SCZ. Am Flughafenausgang fand ich in der Früh´ um 6.00 Uhr auch gleich ein weiß-blaues Taxi, das mich allerdings nur bis zum 5. Stadtring brachte. Dort standen Lkws quer. Jugendliche mit Knüppeln bewachten die Absperrung. Sie sorgten für Stillstand („paro“). Ein junger Mann mit „Bayern-München-Trikot“ bot an, mich ins Stadtzentrum zu bringen. Ich folgte ihm zu seinem Taxi jenseits der Absperrung, indem ich unter einem Lkw-Anhänger durchkroch. Er hatte vermutlich Schmiergeld gezahlt, um bis hierher zu gelangen.
Er fuhr auf Nebenstraßen an bewachten und unbewachten Straßensperren vorbei. Am Sonntagmorgen waren die Straßen menschenleer, die Geschäfte geschlossen. Militär oder Polizei sah ich nicht. Die Barrikaden bestanden aus Reifen, Müllsäcken, Pflastersteinen und Ästen. Sie waren offensichtig eilig errichtet worden und verhinderten, dass Autofahrer die großen Ausfallstraßen benutzten. Schließlich setzte mich der junge Mann vor der angegebenen Adresse ab.
Trotz dieser Schwierigkeiten gelangten Labormaterial und Line-Probe-Assays (LPA) unter Einhaltung der Kühlkette unbeschadet ins Labor. Ich war erleichtert. Denn Frau A. Steinberger und Frau H. Lindau hatten sich in Gauting alle Mühe gegeben, die Sachen rechtzeitig vor meiner Abreise zu besorgen und die Zollformalitäten vorzubereiten. Es galt die KTW-Zusage einzuhalten, das Nationale Tuberkulose-Kontrollprogramm (NTP) bei der Einführung der LPA in Bolivien zu unterstützen. Darüber hinaus hatte auf Antrag des KTW die Stiftung Tuberkulose-Hilfe Würzburg dankenswerterweise einen wesentlichen Teil der Beschaffungskosten für die Tests übernommen.
Proteste im Land hatten das Leben wiederholt lahmgelegt, meist nur für wenige Tage. Deshalb rechnete Frau I. Patiño mit dem baldigen Ende des „paro“. Doch der Stillstand dauerte an. Er verhinderte Treffen und Gespräche mit der Leitung unserer Partnerorganisation dem Roten Kreuz oder den Vertretern der staatlichen Gesundheitsbehörde.
Aufgrund der Straßensperren konnten z. B. unsere Mitarbeiter*Innen nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln ins S3-Labor und in die Zentren gelangen. Sie mussten zu Fuß gehen oder das Fahrrad nehmen. Manche waren mehr als eine Stunde unterwegs. Denn die Mitglieder des Bürgerkomitees (Comité Cívico) ließen nur Fußgänger, Radfahrer und Pkw sowie Lkw mit Sondergenehmigung (Ambulanzwagen, Lebensmitteltransporte etc.) passieren. Motorradfahrer mussten absteigen und das Motorrad um die Barrikaden herumschieben. An einigen Orten kam es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen mit Toten.
Frau I. Patiño organisierte für Freitag, den 1.11.19 eine Personalversammlung im Zentrum II. Sie fuhr mit dem Fahrrad. Mich nahm ein Arzt auf dem Sozius seines Motorrads mit. Ohne seinen Arztausweis hätten wir die Sperren nicht passieren dürfen. Den Mitarbeiter*Innen erläuterte ich die Entscheidungen des erweiterten KTW-Vorstands vom 17.10.2019 und dankte ihnen für ihr Engagement, den Laborbetrieb in dieser schwierigen Zeit aufrechtzuerhalten. Ich informierte sie über die Verlängerung des Übereinkommens mit dem Roten Kreuz, über die geplante Schließung des klinischen Teils der Zentren und die Verlegung des Labors im Zentrum I ins S3-Labor. Leider gelang es nicht, mit den zuständigen Stellen einen Zeitplan für diese Maßnahmen zu vereinbaren.
Ich prüfte stichprobenartig die Abrechnungsunterlagen des Projektes für 2019. Abweichungen stellte ich nicht fest.
Da meine Bewegungsfreiheit durch den Stillstand massiv eingeschränkt war, konnte ich weiter nichts unternehmen. Denn anders, als zunächst erwartet, beruhigte sich die Situation nicht, sondern drohte außer Kontrolle zu geraten. Auf der Massen-Versammlung am Samstag, den 2.11.19 hatte der Vorsitzende des Bürgerkomitees in SCZ unter tosendem Beifall dem Staatspräsidenten E. Morales in La Paz ein Ultimatum von 48 h gestellt, um aus Bolivien zu verschwinden. Da sich der Ausgang des Ultimatums nicht abschätzen ließ, reiste ich vorzeitig am Montagmittag, den 4.11.19 aus SCZ ab.
Aktuelles
Die Covid-19-Pandemie hat auch in Bolivien zu einem „shut down“ geführt. Seit Sonntag, den 22.03.2020 herrscht in SCZ „totale Quarantäne“, wie Frau I. Patiño schrieb. Der Betrieb in unseren TB-Einrichtungen läuft weiter, da sie erreichen konnte, dass die Mitarbeiter*Innen mit einem Pkw der staatlichen Gesundheitsbehörde daheim abgeholt und zum Arbeitsplatz gebracht werden. Die Auswertung der Laborleistungen ergab, dass 2019 trotz „paro“ mehr Tuberkulosebakterien-Kulturen angesetzt und abgelesen wurden als 2018. Auch die Anzahl der GeneXpert-Tests konnte gegenüber dem Vorjahr deutlich gesteigert werden.
Dr.G. Loytved
Im Oktober/November 2016 besuchte ich unsere Tuberkulose-Zentren in Santa Cruz/Bolivien. Wie auch schon in den letzten Jahren erfüllen sie ihre Funktion als Diagnose- und Therapieeinrichtungen in hervorragender Weise und das gesamte Personal ist hochmotiviert. Das neue und moderne Labor im Zentrum II hat sich sehr gut im nationalen Tuberkulose-Programm etabliert und genießt in Fachkreisen eine hohe Anerkennung als Referenzlabor.
Der bauliche Zustand im Zentrum I bedarf einiger Renovierungen, welche ich während meines Aufenthaltes initiiert habe. Auch hier versteht es die Direktorin beider Einrichtungen, Frau Patino, dieses in bewährter Weise zu managen und mit Leben zu erfüllen.
Ich konnte mich wieder einmal davon überzeugen, dass unsere Spendengelder sparsam, aber sinn- und zweckvoll und den Zielen des Kuratorium entsprechend angelegt werden.
Dr.Ralf Mütterlein
Am 29.Januar 2015 eröffnete der deutsche Botschafter in Santa Cruz Herr Dr. Linder zusammen mit Frau Patino, der Projektverantwortlichen vor Ort, das komplett nach den neuesten Richtlinien zur Bekämpfung der Tuberkulose umgebaute und renovierte S3-Labor. Wir danken dem BMZ, das 75% der Gelder für den Umbau, die Geräte und die nun nötigen Schulungen zur Verfügung gestellt hat, sowie unseren großzügigen Spendern, die es ermöglicht haben, dass wir 25% der Kosten selbst finanzieren konnten. Und natürlich dem Architekten Herrn Schrupp, der zusammen mit Frau Patino ein wunderbares, freundliches Labor geschaffen hat, in dem die Mitarbeiter gerne arbeiten werden und eine optimale Patientenversorgung gewährleistet ist.